Fanfiction

Raus aus dem System

Autor: Bluesue

“Warum ist deine Ehe kaputt gegangen? Das wollte ich fragen...” Marie konnte es ihm nicht sagen, daher blieb sie still. „Ich wollte nicht zu privat werden“, sagte er dann. „Ich kann einfach nicht darüber reden.“ „Ist er gut zu dir?“ „Wir kommen klar. Wie geht’s Åsa und Gabriel?“ “Ok, wir leben nicht so weit weg voneinander.“ „Micke und ich auch nicht.“ Per begann, sich etwas zu entspannen. „Ich bin irgendwie froh, dass wir wieder miteinander reden.“ „Ich auch.“ „Was denkst du? Ob wir zusammen Abendessen gehen können im neuen Jahr?” Marie schloss ihre Augen. „Nein, sorry, aber nein. Es hat so lange gedauert, dich aus meinem System zu verbannen, ich, ich fühle nicht, dass wir...” „Was meinst du mit „aus deinem System“?“ Marie blieb eine Antwort erspart, da genau in diesem Moment das Licht wieder anging und der Aufzug sich bewegte.

Sie standen auf und erreichten die Etage der Party. Die Leute sahen sie an, wie sie zusammen den Aufzug verließen, aber wendeten sich wieder ab, weil Per und Marie sich so schnell wie möglich in verschiedene Richtungen verabschiedeten. “Gehts dir gut?” wollte Efva wissen, nachdem Marie innerhalb kürzester Zeit ein ganzes Glas Champagner geleert hatte. “Perfekt, alles bestens, danke. Ich habe Hunger. Können wir zum Buffet gehen?” Efva glaubte ihrer Freundin nicht ein Wort. Den ganzen Abend verhielt sich Marie absolut normal, lachte, plauderte, drank, aß. Sie tanzte mit beiden Eva’s, mit Thomas und anderen Leuten, die sie kannte.

Und dann kam Per an den Tisch und fragte sich nach einem Tanz. Er tanzte eigentlich nie, obwohl Åsa ihn immer dazu zwingen wollte. Marie nahm das Angebot an. Sie durfte jetzt nicht wählerisch sein und Aufsehen erregen. “Du schuldest mir noch eine Antwort?”, flüsterte er, während sie sich zu Sinatra bewegten. Sie wurde steif. „Nein.“ Per lachte. “Wovor hast du Angst? Du warst nie ein Feigling.” “Wirst du jetzt still sein und tanzen bitte?” “Wie du willst, aber das hier ist nicht vorbei, glaub mir.” Sie tanzten den nächsten Tanz und danach noch einen. „Ich muss gehen“, sagte Marie. „Ich werde morgen nach Malmö fliegen, um Promotion zu machen.“ „Ich werde dich zum Auto bringen.“ „Ok.“ Sie verabschiedete sich und ihre Freunde sahen sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Marie schüttelte ihren Kopf und verließ den Raum mit Per. Marie führte sie zu ihrem Auto. “Es war schön, dich zu sehen”, sagte sie und lächelte. „Du wirst mir nichts verraten, oder?“, fragte Per. Sie schüttelte ihren Kopf. “Es würde nichts bringen, wenn ich es täte, glaub mir.” Mit einem Blick, den sie nicht deuten konnte, fasste er ihre Arme. Ihre Augen wurden größer und dann fühlte sie seine Lippen auf ihren. Er schmeckte nach Champagner und etwas Süßem, sein Kuss war es auf jeden Fall. Sein Daumen strich über ihren Mund, als er seinen Kopg wieder hob. „Fröhliche Weihnachten Marie“, flüsterte er und wendete sich mit seinen jugendlichen großen Schritten ab.

Nach Hause fahren fiel ihr nicht leicht. Sie saß vor ihrem Schlafzimmerspiegel, nur in ihrer Unterwäsche. Mechanisch entfernte sie das Make-Up, legte Nachtcreme auf und dann sah sie im Spiegel, dass sie lächelte. Sie legte sich ins Bett, rückte ihr Kissen zurecht und war schneller eingeschlafen als viele Male zuvor. Per war auf die Party zurückgegangen und ging direkt zu Thomas. „Ich werde gehen. Danke für die Einladung und fröhliche Weihnachten.“ “Sicher, dir auch. Grüße Åsa von mir“, sagte sein alter Freund und klopfte ihm auf die Schulter. „Werde ich tun.“ Er ging auch an den Tisch der beiden Efva’s. Eva hatte ihren Kopf auf der Schulter ihrer Frau und sie war offensichtlich bettreif. Während sie Eva’s Haar streichelte, suchte Efva Pers Blick. „Habt ihr wieder gestritten?“ “Nein, ich denke, wir..ich bin froh..wir haben etwas miteinander geredet..es war gut”, sagte er und lächelte sein schüchternes Jungenlächeln. Efva lächelte zurück. „Wundervoll. Hab schöne Weihnachten”, sagte sie. “Ihr auch, machts gut. Und grüße die schlafende Schönheit.”

In seinem Appartement angekommen, schnappte er sich ein paar Klamotten und packte sie in seine Lieblingsreisetasche. Sein MP3-Player und der Kulturbeutel waren auch schnell gepackt. Dann rief er die Fluggesellschaft an, um einen Flug nach Malmö am nächsten Tag zu buchen und dann rief er das teuerstes Hotel an und buchte eine elegante Suite. Er wusste, dass Marie gewöhnlich dieses Hotel wählte. Er wollte sie wirklich überraschen, sie von den Socken hauen. Als er später in seinem Bett lag, fragte er sich, warum er auf einmal so sicher war, dass er das richtige tat. Er kuschelte sich in seine Decke und gestand sich leise ein, dass er sie einfach nur wieder festhalten wollte. Marie gähnte als sie das Flugzeug gegen 9 Uhr verließ. Der Kaffee war einfach zu schwach gewesen. Sie rief ein Taxi, welches sie zum Hotel brachte. Sie checkte ein und ging dann direkt die Straße hinunter zu ihrem ersten Interview. Es war eine lokale Radiostation, ein kleines Haus im Zentrum. Marie war schon einmal dort gewesen. Sie mochte die jugendliche Atmosphäre und wurde mit gutem Kaffee und heißen Brötchen begrüßt. Die Show verlief leicht. Natürlich brachten sie sie zum Singen. Es war lustig. Sie durfte außerdem ein paar Songs auswählen. “Und jetzt haben wir hier etwas Nettes aus den Neunziger Jahren, gesungen von meiner Lieblingsband Gyllene Tider…Kung av Sand“, lachte sie in das Mikrofon.

Per saß im Taxi zum Hotel und der Fahrer hatte den Sender “Malmö Fun” eingeschaltet. Er hörte, was sie sagte. Er wurde rot und der Fahrer drehte sich zu ihm um und grinste. Als er eingecheckt hatte und sein Gepäck weggebracht hatte, beschloss er, shoppen zu gehen. Er musste noch ein paar Stunden warten, bis Marie frei war. Per triumphierte immer noch wegen seinem Triumph über Dimberg, die ihm erst die Daten von Marie’s Plan heute nicht faxen wollte. Er hatte sie dann mit einer Einzelheit aus ihrem Liebesleben mehr oder weniger erpresst. Sie gab nach und er hatte die Daten innerhalb von fünf Minuten. Ha! Er blieb die meiste Zeit in „skivakademien.” Er hörte sich eine Tonne CDs an und kaufte mehr als die Hälfte von ihnen. Fröhlich verließ er das Geschäft und ging direkt in den nächsten Laden, der ein Schuhladen war. Per kam am späten Nachmittag ins Hotel zurück, vollbepackt mit Taschen, Tüten und Boxen und sehr hungrig. Er merkte, dass es bereits stockdunkel war. Marie war schon lange fertig. Er ließ sich von der Rezeption ihre Zimmernummer sagen, was ohne Probleme ging. Die weibliche Angestellte hatte ihn mit einem Zwinkern begrüßt: „Ihre andere Hälfte ist bereits eingetroffen, Zimmernummer 2002“, sagte sie bevor er gefragt hatte. „Danke“, murmelte er bloß.

Er klopfte an ihre Tür. „Ich komme“, hörte man von innen und dann öffnete sich die Tür. Sie hatte mit dem Abendessen gerechnet, aber stattdessen stand Per vor der Tür. „Hej“, sagte er, „störe ich dich?“ Er sah, dass sie nur Jogginghosen trug und ein blaues Baumwollshirt. „Nein“, antwortete sie automatisch, „komm rein. Hej Per.“ Einen Moment nachdem sie die Tür geschlossen hatte, klopfte es erneut, dieses Mal war es ihr Essen. Per sah sich an, was sie bestellt hatte und nahm dasselbe. Er liebte Brüsseler Sprossen mit Schinkenwürfeln und Kartoffeln, mit Käse gegrillt. „Soll ich eine Flasche Wein bestellen? Oder Bier“, fragte er. Der Kellner wartete geduldig. “Bier dann bitte, dunkles für mich, normales für ihn. Sie setzten sich an den gedeckten Tisch, Marie begann zu essen.

Per erzählte ihr, was er heute gemacht hatte, von seinem ulkigen Shopping-Abenteuer. Plötzlich hob sie ihren Kopf. „Warum bist du hier?“ “Du weißt es.” “Ich weiß, dass es wegen mir ist, aber warum?” Ich habe dir gestern gesagt, dass ich dich privat nicht mehr sehen möchte.” „Aber du hast mich hereingelassen.“ „Es war…ich wollte keine Szene machen.“ Per biss sich auf die Lippe. „Höflichkeit also.“ Sie nickte. „Und jetzt wo du hier bist, will ich wirklich wissen, wieso bist du hier, willst du mir ein geschäftliches Angebot machen? „Nichts Geschäftliches. Ich werde nie wieder Geschäfte mit dir machen, glaub mir.“ „Oh ja?“, sagte sie mit einem ironischen Lächeln. „Ja, ich bin wegen unserer Auflösung hier und weil wir seit zwei Jahren nicht mehr miteinander geredet haben. Es hat mich verletzt wie noch nie etwas zuvor und es hat mein Leben verändert. Du denkst ich bin es nicht wert, deiner nicht würdig, du hast das so deutlich gemacht.“ „Ich musste, Per“, antwortete sie, ruhig und vernünftig, ohne den Klang ihrer Stimme zu erheben. „Ich wäre gestorben, wenn ich weitergemacht hätte. Nicht mein Körper, aber meine Seele. Für dich war ich nur jemand, mit dem du Geld verdienen konntest, jemand, von dem du dachtest, du würdest ihn gut genug kennen um ihn zu manipulieren und jemand, von dem du wusstest, er würde dich nicht betrügen. Du hast schon lange davor aufgehört, mich zu sehen. Mich, Marie, dein Freund, die dich liebte. Als nichts mehr davon übrig blieb, habe ich beschlossen, dass ich alleine sein muss. Der Streit, deine Beschuldigungen, ich wäre nicht professionell, ich hätte keinen Geschäftssinn, keine Ambitionen mehr die Band betreffend, das alles war das Ende. Ich wäre früher oder später sowieso zu dir gekommen.“ Per wollte etwas sagen, aber er konnte nicht.